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Soziale Transformation: Lisa Nguyen

Soziale Transformation – was bedeutet das eigentlich?

  • Lesedauer:7 min Lesezeit

Hallo, schön, dass du da bist. Hier ist er: der erste Artikel auf meinem Blog Wegweiser, der Blog zu sozialer Transformation. In diesem Artikel möchte ich den Fokus darauflegen, was ich meine, wenn ich von sozialer Transformation spreche, warum das jede*n Einzelne*n betrifft und was euch auf diesem Blog erwartet!

Wenn ich hier schreibe, dann mit folgender Haltung und Überzeugung: Es gibt unzählige Perspektiven auf die Welt und ihre Phänomene. Meine Perspektive ist eine davon. Ich bin überzeugt, dass sie durchdacht und fundiert ist. Meine Perspektive und meine Überlegungen basieren auf Beobachtungen, auf theoretischem Wissen und aus vielfältigen Erfahrungen in der Praxis. Ich verstehe meine Sichtweise dabei niemals als Absolut oder Alleinig. Ich bin stets offen für Feedback, Austausch und Weiterentwicklung.

Das ist die Grundlage und auf dieser baue ich meine Überlegungen auf. Was meine ich also, wenn ich von sozialer Transformation spreche? Ich lade dich ein, mir gedanklich zu folgen – los geht’s!

Wir leben in bewegten Zeiten. Vieles ist im Umbruch und im Wandel. Diese tiefgreifenden Veränderungen können Angst machen. Sie bedeuten zugleich die Chance auf Freiheit. Genau jetzt ist es möglich, dass Systeme und Strukturen, die schon seit Jahrhunderten bestehen und unser menschliches Zusammenleben auf dieser Welt prägen, aufbrechen und Neues entstehen kann.

Von welchen Systemen spreche ich? Ich denke an Patriarchat, Rassismus, Post-Kolonialismus und Kapitalismus. Große Themen, ich weiß. Ich wurde mal gefragt, ob man diese wirkmächtigen Systeme wirklich in einen Topf werfen kann. Sie seien doch zu sehr unterschiedlicher Zeit entstanden und nicht direkt gleichzusetzen. Theoretisch-konzeptionell stimme ich dem zu. Aber unabhängig von der Frage, vor welchem historischen und theoretisch-konzeptionellen Kontext sie entstanden sind, sind diese Systeme miteinander verwoben und haben sie eins gemeinsam: Sie prägen unsere heutige Lebensrealität. Die von jedem Einzelnen, von Gesellschaften und von unserem globalen System.

Das klingt alles etwas abstrakt? Ich gebe zu: ich mag Überlegungen, die das große Ganze betreffen. Zugleich bin ich aber auch eine Freundin vom Herunterbrechen großer Themen auf konkrete Beispiele. Dann wird schnell klar, was ich hier meine.

Ich möchte es an zwei Beispielen aus meinem Leben veranschaulichen.

(1) Erste Szene:

Ich sitze mit meinem Mann in unserem Auto. Wir wollen zum See. Ich versuche per Sprachsteuerung das Ziel in unser Navi einzugeben. Unser Navi versteht mich drei Mal nicht. Genervt schimpfe ich vor mich hin. Mein Mann übernimmt den Befehl und das Navi versteht ihm beim ersten Mal problemlos. Auch wenn ich einordnen kann, dass das strukturelle Ursachen hat, bleibt ein unangenehmes Gefühl von latenter Inkompetenz – warum nur, bin ich nicht in der Lage, unserem Navi per Sprachsteuerung Befehle zu geben?

(2) Zweite Szene:

Ich bin mit meinem Sohn bei der Untersuchung zur Einschulung. Die untersuchende Person wiegt und misst ihn und merkt dann kritisch an: „Ihr Sohn ist zu leicht“. Ich entgegne, dass er zu 50% asiatische Gene in sich trägt und die Messtabellen auf europäischen, genauer gesagt: weißen, Durchschnittswerten beruhen. Insofern sei diese Schablone vielleicht nicht ganz passend. Mein Hinweis wird weggewischt. Er sei zu leicht. Mein Sohn hört alles mit an. Bei ihm bleibt das Gefühl, dass mit ihm etwas nicht stimmt. In meinen Worten ausgedrückt: er bemerkt, dass er nicht der Norm entspricht.

Was wollen diese Beispiele verdeutlichen?

Sie machen deutlich, dass unsere Welt geprägt ist von menschengemachten Systemen, die aus ihrer immanenten Logik heraus definieren, was als „richtig“ oder „besser“ verstanden wird und was als Norm gesetzt wird.

Ich möchte das anhand des ersten Beispiels noch etwas konkretisieren: warum kann mein Mann unserem Navi problemlos per Sprachsteuerung Befehle erteilen und ich nicht?

Wie in so vielen Bereichen wird hier aufgrund des sehr wirkmächtigen Patriarchats das Männliche – in diesem Fall männliche Stimmen – ganz automatisch und unreflektiert als Norm gesetzt. Das führt wie in diesem Beispiel dazu, dass weibliche Stimmen von einer Spracherkennungssoftware nicht annähernd so gut erkannt werden wie männliche. Das wiederum verfestigt das ohnehin vorhandene Machtgefälle zwischen männlichen und weiblichen User*innen: weiblichen Userinnen steht diese technische Annehmlichkeit nur bedingt zur Verfügung – was in diesem Fall sogar sicherheitsrelevante Folgen haben kann. Zudem erleben sie möglicherweise das Gefühl, dass sie das Problem sind, das vielleicht durch Kommentare wie „Ich weiß nicht, was du falsch machst, bei mir geht es“ in der persönlichen Interaktion verstärkt wird.

Beispiele wie diese lassen sich in allen Lebensbereichen finden. Mit teils weitreichenden Folgen für Gesundheit, Sicherheit, Wohlstand, Bildung und Teilhabe – um beispielhaft einige Bereiche zu nennen.

Die von mir oben erwähnten historisch gewachsenen Strukturen wie Patriarchat, Rassismus, Post-Kolonialismus und Kapitalismus sind also keine abstrakten Gebilde – sie prägen und beeinflussen unsere Lebensrealität und das soziale Gefüge auf sehr wirkmächtige Art und Weise.

In letzter Zeit wächst das globale Bewusstsein für die Wirkmächtigkeit und Komplexität dieser Systeme. Und damit verbunden die Erkenntnis, dass Veränderungen dringend notwendig sind.

Genau hier setze ich mit meiner Arbeit an und genau hier verorte ich den Begriff der sozialen Transformation. Wir brauchen – davon bin ich überzeugt – eine neue Art des sozialen Gefüges und des menschlichen Miteinanders, eine neue Art des Wirtschaftens und eine neue Art des Umgangs mit natürlichen Ressourcen. Und zwar global.

Das erscheint aktuell möglicherweise schwieriger und utopischer denn je. Aber: Veränderungen sind möglich. Heute und jederzeit. Denn diese Strukturen und Systeme – wie ich sie weiter vorne benannt habe – sind keine Naturgesetze. Sie sind zwar sehr wirkmächtig und über lange Zeit gewachsen, aber sie können verlernt werden. Es gibt in jeder Entscheidung die Möglichkeit alte Muster fortzusetzen oder Räume für neue Wege zu öffnen.

Oftmals können kleine Entscheidungen Großes bewirken. Entscheidend ist das Bewusstsein für diese Zusammenhänge und Bereitschaft von Individuen und Organisationen in konkreten Situationen und in der Praxis neue Wege auszuprobieren.

Denn Lösungen lassen sich nicht allumfassend auf abstrakter Ebene finden; Lösungen entstehen im Tun. Im Miteinander. Dort, wo Menschen interagieren und sich begegnen. Dort, wo Regeln ausgehandelt und Dienstleistungen oder Produkte entwickelt werden.

Deswegen ist es so wichtig, dass wir miteinander in den Austausch kommen und im Austausch bleiben. Dass wir gemeinsam handeln und wirken. Viele Mosaiksteinchen ergeben zusammen ein wunderschönes Bild.

Mein Blog Wegweiser kann und möchte ein solches Mosaiksteinchen sein. Ich lasse hier meine Gedanken frei fließen. Inspiriert von vielen anderen Menschen, die sich über ähnliche Themen ähnliche Gedanken machen. Mein Blog ist eine gedankliche Spielwiese, ein Wegweiser, Impulsgeber und Mutmacher. Er ist eine Einladung, diese Gedanken weiterzudenken und sie in der Praxis umzusetzen.

Schön, dass du dabei bist! Teil meinen Blog gerne auf den sozialen Netzwerken und komm gerne wieder vorbei!

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